Multihalle – Späte Genugtuung

Späte Genugtuung bereitete in der letzten Sitzung des Hauptausschusses die Vorlage V251/216 der Verwaltung über den weiteren Umgang mit der Multihalle unserer ALFA-Gruppe im Gemeinderat. Immerhin haben die für € 700.000 in Auftrag gegebenen Gutachten unsere Kritik an diesem Millionengrab in allen Punkten bestätigt, so dass auch die Verwaltung letztlich nur – wie von unseren Stadträten bereits im Dezember 2014 in einem Antrag gefordert – den Abriss als einzige für den kommunalen Steuerzahler vertretbare Alternative ansieht. Diejenigen, die aus einem temporären Leichtbauwerk ein Denkmal für Jahrhunderte machen wollen, haben jetzt bis Ende 2017 Gelegenheit, eine Finanzierung aus privaten Spenden und Bundes und Landeszuschüssen auf die Beine zu stellen, um eine zwischen € 15 und 20 Mio. teure Sanierung wider alle Vernunft doch noch auf die Beine zu stellen.

Werfen wir einen Blick zurück auf die Planungszeit Anfang der siebziger Jahre. Zu planen war ein temporäres Bauwerk lediglich für die Dauer der BUGA, das anschließend wieder abgerissen werden sollte. Statische und sonstige genehmigungsrechtliche Anforderungen wie für ein dauerhaftes Gebäude gab es für die Multihalle nicht. Die Maßstäbe glichen eher denen für ein besonders großes Bierzelt.
Damit war der Weg frei für eine genialische Zeltkonstruktion, die organische Formen mit Leichtigkeit und Eleganz verband, indem über ein zweilagiges Holzgitter eine Plastikhaut gespannt wurde. Für Interessierte ist es wirklich aufregend zu lesen, wie in einer Zeit, in der es weder PCs noch CAD-Programme gab, dieser frei fließende Entwurf zunächst als negative Form aus in eine Art Schüssel eingehängtes Hängenetz aus sich kreuzenden Schnüren entstand, die anschließend als positive Form quasi auf den Kopf gestellt wurde. (Links siehe unten)

Allen Beteiligten war klar, dass die gewählte Konstruktion aufgrund der rechteckigen Gitterstruktur auf Dauer instabil sein würde. Stabilere Kuppel-oder Tunnelkonstruktionen mit verschraubten Holzlatten kann man aus starren Dreiecken formen, aber nicht aus Rauten oder Quadraten, die sich wie Scherengitter bewegen. Man muss kein Tragwerksplaner oder Bauingenieur sein, sondern lediglich in Geometrie aufgepasst haben, um dies sofort zu erkennen. Wäre es um ein dauerhaftes Gebäude gegangen, hätten die Architekten mit dem Rautengitter einen konstruktiven Irrweg beschritten, aber gefragt war ja ein temporäres Bauwerk mit einer erwarteten Lebensdauer von einem Jahr.

In unserem Abrissantrag aus 2014 hatten wir in die Begründung geschrieben: Temperatur und Feuchtigkeit, Wind und Schnee sorgen seither für dauernde kleine Bewegungen, deren Scherkräfte die Verbinder langfristig zermürben dies wird auch in Zukunft so sein. Eine denkmalgerechte Sanierung ohne grundlegende Eingriffe in die Konstruktion hätte wiederum nur eine begrenzte Lebensdauer – ein Fass ohne Boden.

Dies haben die Gutachter der Verwaltung indirekt bestätigt, indem sie vorschlagen, eine dritte Lattenebene diagonal zum jetzigen Traggerüst einzuziehen, um mehr Stabilität zu schaffen, anders ausgedrückt, um aus Vierecken Dreiecke zu machen. Trotz des inzwischen zur Kalkulationsunterstützung angefertigten CAD-Modells gehört nicht viel dazu, zu erkennen, dass wir hier von wenig Vorfertigung und viel Zimmermanns-Handarbeit vor Ort sprechen würden.

Weiter hieß es in unserem Abrissantrag zu den sonstigen Schwächen der Multihalle: Schließt man die Eingänge, lässt sich das ungedämmte Gebäude zu akzeptablen Kosten weder heizen noch kühlen. Lässt man sie dagegen offen zieht es zusätzlich extrem. Hinzu kommt, dass seit nahezu 40 Jahren niemand eine überzeugende Verwendung für die Multihalle hat finden können – von Veranstaltungen wie DKP-Maifeiern und Erotik-Messen abgesehen. Einen Indoor-Kinderspielplatz zu bauen und zu betreiben, den die CDU-Fraktion vorgeschlagen hat, ist keine kommunale Aufgabe und wäre unwirtschaftlich. Es gibt entsprechende private Angebote.

Besonders übel stößt uns die Rolle des Landesamtes für Denkmalschutz auf, das damit droht, durch einen willkürlichen Federstrich den Schutzstatus dieses nutzlosesten aller Gebäude auch noch zu erhöhen, wie man der Vorlage der Verwaltung entnehmen konnte. Diese absolutistische Behörde hat niemanden über sich. An ihr kann man studieren wie Macht ohne Kontrolle entartet. Es ist schon eine besondere Absurdität, dass ein Gebäude, dem die Planer bei vollem Bewusstsein eine Lebensdauer von einem oder zwei Jahren konstruktiv mitgegeben haben, und das eigentlich nur deswegen nicht abgerissen wurde, weil man das überschaubare Geld dafür nicht ausgeben wollte, nun auf standfest umkonstruiert und auf Dauer konserviert werden soll. Ein Zelt für die Ewigkeit.

Wir verstehen, dass insbesondere die Büro-Nachfolger der damaligen Architekten für ihr Referenzprojekt kämpfen. Es gibt jetzt eine Frist für die Mobilisierung von privatem Kapital. Wir sind gespannt und fordern 100% der realistischen Baukosten. Für den städtischen Haushalt wären selbst die laufenden Kosten einer sanierten Multihalle unzumutbar, wenn es weiterhin keine Nutzung gibt, die diesen Aufwand rechtfertigt.

http://archiv.dam-online.de/handle/11153/187-011-001

Multihalle in Mannheim


http://www.herzogenriedpark.de/mein-herzogenriedpark/multihalle
http://www.rheinneckarblog.de/08/mannheim-allein-kann-sich-eine-sanierung-der-multihalle-nicht-leisten/104954.html