Eberhard Will zum 70.

Die BÜRGERFRAKTION blickt auf den 70. Geburtstag ihres Sprechers Eberhard Will am 10.April und fragt sich: Was schenkt man jemandem, der schon alles hat? Ein Interview!

Eberhard, Du wirst am 10.April 70. Schon vorher gratulieren geht nicht, aber ein paar Fragen zu stellen, ist hoffentlich erlaubt?

Aber nur wohlwollende!

Mit 65 bist Du 2014 in den Gemeinderat eingezogen – damals für die Lucke-AfD und hast dann noch bis 67 gearbeitet.

Ja, die letzten 15 Jahre in eigener Firma als Berater und Trainer für Projektmanagement. Die letzten drei Jahre war ich sozusagen Berufsstadtrat.

Wie beurteilst Du Eure Arbeit in den letzten (fast) fünf Jahren?

Darüber denke ich gerade noch nach. Aber den Nachruf veröffentlichen wir erst im Juli.

Warum trittst Du nicht nochmal an – wenigstens für eine Wahlperiode?

Erstens soll man aufhören, wenn es am schönsten ist, zweitens sollte man rechtzeitig Platz machen für Jüngere, die genügend Zeit brauchen, sich auf Ämter vorzubereiten, und drittens gab es keine wirklich gute Option.

Du meinst, es war Euch zu anstrengend, für die BÜRGERFRAKTION Unterschriften und Kandidaten zu sammeln.

Nein. Ich bin Anhänger der Parteiendemokratie und halte Kandidaten von Mini-Listen, die bloß auf einem Ego-Trip sind, weil sie Aufmerksamkeit suchen, für überflüssig im Gemeinderat. Die Wählerinnen und Wähler haben in Mannheim unter den Bundestags-Parteien genügend Auswahl.

Stadtrat ist – wenn man es richtig macht – eine recht arbeits- und zeitintensive Angelegenheit. Was wirst Du ab August mit der vielen Freizeit anfangen?

Ich habe mal auf Anfrage geantwortet, ich würde mir ein gutes Leben als Altstadtrat machen, Bücher lesen und der Selbstabschaffung Deutschlands zuschauen. Letzteres allerdings nicht gänzlich tatenlos, will ich heute hinzufügen. Was mich umtreibt ist, dass es in der politischen Öffentlichkeit in Mannheim überhaupt keinen Pluralismus mehr gibt.

Wie meinst Du das?

Irgendwann hat der bürgerlich konservative, rechte Flügel der Stadtgesellschaft aufgehört, dem linksgrünen Hegemoniegehabe in der öffentlichen Debatte etwas entgegen zu setzen. Linke und Grüne nutzen immer wieder gnadenlos auch die Ressourcen der Stadt, um durch Kampagnen oder die Einladung von Rednern – erst jetzt wieder im Nationaltheater – oder die Auswahl von Preisträgern, ihrem eigenen Mainstream zu huldigen.

Du vermisst also konservative oder rechte Beiträge im öffentlichen Diskurs in Mannheim?

So ist es. Jedem, der regelmäßig Medien in einer gewissen Breite konsumiert, muss doch aufgefallen sein, dass es schon seit Jahren kaum noch lesens- oder hörenswerte linke Intellektuelle (oder “Experten“) gibt. Die meisten dreschen nur noch Phrasen und verdrängen die Hälfte der gesellschaftlichen Realität. Aber es gibt seit Jahren immer mehr kluge rechte, die man hören sollte.

Wen meinst Du?

Die schreiben z.B. bei der Achse des Guten, bei Cato oder bei Cicero, in der Jungen Freiheit, bei Tichys Einblick oder in Publico. Die Buchläden füllen sie immer mehr, und an den Universitäten sind sie diejenigen, die von linksradikalen Dummköpfen gemobbt werden.

Und kluge, rechte Konservative, die etwas zu sagen haben, möchtest Du gerne nach Mannheim holen?

Ja, zumindest für Vorträge. Aber dafür suche ich noch ein paar engagierte Mitstreiter.

Wegen der Arbeit?

Nein, sondern zum gemeinsamen Tragen der finanziellen Risiken. Es wird nicht immer möglich sein, Raumkosten und Reisespesen und Werbung aus Eintrittsgeldern zu decken. Also benötigt die geistige Freiheit günstige Räume und einige Sponsoren, die etwas Liquidität zu Verfügung stellen und notfalls ein Defizit ausgleichen.

Warum sollten die das tun?

Weil sie auch darunter leiden, wie Deutschland sich unter Führung der Linksgrüninnen und Linksgrünen (incl. Kanzlerin) in Politik und Medien selbst abschafft, und etwas dagegen tun wollen. Und weil man Geld nicht mit ins Grab nehmen kann. Einen Freundeskreis, der mögliche Defizite von Kunstausstellungen ausgleicht, gibt es ja schließlich auch.

Das heißt, Du wartest jetzt auf Anrufe?

Ich gehe aktiv auf Leute zu und werde nach der Kommunalwahl mein privates Werbebudget investieren. Aber wenn jetzt schon jemand anruft, wäre es ein schönes Geburtstagsgeschenk.

Und wenn Du keine Mitstreiter findest?

Dann setze ich mich in ein Straßencafé und schaue der deutsch/europäischen Selbstzerstörung auf den Gebieten Demografie, Migration, Energie, Euro, Industrie, Bildung, Gender, Geopolitik, Verteidigung usw. eben doch tatenlos zu.

 

Die Fragen stellte Jana Richter