Gott spielen auf dem Bösfeld

Kurze Leben schaffen für € 1.200,- pro Tag

Vor mehr als 15 Jahren beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan “Sportpark Bösfeld“, damit dort die SAP-Arena errichtet werden konnte. Unglücklicherweise lebten dort auch ein paar Dutzend Feldhamster. Von denen nimmt der Gesetzgeber an, dass sie sich in einem solchen Fall nicht einfach eine neue Wohngegend suchen (nennt man Habitat), sondern eines professionell gemanagten und wissenschaftlich begleiteten Umsiedlungsprogrammes bedürfen. In einer Anfrage an die Verwaltung – zuständig ist Frau BM Kubala von den Grünen – fragten wir nach den bisherigen Kosten, wie der Erfolg gemessen wird, und ob überhaupt ein Erfolg eigetreten ist.  Die Auskünfte der Verwaltung waren, freundlich formuliert, ernüchternd:

Wir wollten wissen, welche Haushaltsmittel von Stadt und Land von 2005 bis 2015 für das “Artenschutzprogramm Feldhamster“ in MA aufgewendet wurden. Da die Verwaltung das wohl selbst nicht so genau wissen wollte, hat sie nur geantwortet, die jährlichen Kosten betrügen derzeit €120.000,- für die Stadt und € 44.000,- für das Land. Der Rest stünde in einer alten Gemeinderatsvorlage aus 2002.  Wir haben dort nachgesehen und nachgerechnet und kommen auf bisher mindestens 1,5 Mio Euro für den Versuch, die Hamster zu überreden, umzuziehen und weitere kleine Hamsterchen in die Welt zu setzen.

Feldhamster4Wenn man so viel Geld ausgibt, sollte man operationale und messbare Ziele definieren, was man damit erreichen will. Nach Auskunft der Verwaltung geschah dies nicht. Denn das Ziel sei, den „guten Erhaltungszustand der lokalen Population“ zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Darunter kann man viel verstehen. Erfolg messen kann man so jedoch eigentlich gar nicht.

Seit 2007 – bis dahin wurde gezählt und Züchten geübt – wurden ca. 1060 Feldhamster aus der Zucht auf verschiedenen Ackerflächen ausgewildert. Natürlich wollten wir wissen, wie es den Tieren dabei erging. Aber leider haben im Schnitt nur knapp 30% den ersten Monat überlebt, obwohl sie theoretisch zwei Jahre alt werden können. Für die Fortpflanzung ist das natürlich hinderlich, wenn man schon vorher gefressen wird, so dass von extra dafür bezahlten Wissenschaftlern ständig nachgezüchtet und neu ausgesetzt wird.

Auf unsere Frage nach empirischen Nachweisen über den Aufbau “neuer, sich selbständig vermehrender Populationen“ verwies die Verwaltung auf Limburg in Hessen, woraus wir schließen, dass trotz € 1,5 Mio. Aufwand in Mannheim bisher tote Hose ist. Unsere Frage, ob Beobachtungen von Laien-Naturfreunden zutreffen, dass in den jew. Gebieten die Fressfeinde der Feldhamster stärker zugenommen haben, als diese selbst, antwortet die Verwaltung mit entwaffnender Offenheit, dies werde im Rahmen des Projektes nicht untersucht.

Natürlich war es etwas gemein, dass wir nach den Kosten pro Überlebenstag eines ausgewilderten Feldhamsters gefragt haben, aber irgendwie fühlen wir uns halt dem Steuerzahler verpflichtet. Die Antwort der Verwaltung: € 1.200,-. Schade dass die Hamster das nicht wissen, bevor sie von Füchsen oder Bussarden verzehrt werden. Vielleicht wären sie stolz darauf, ein zwar kurzes, aber extrem teures Leben gehabt zu haben.

Nach alldem wird es unsere geneigten Leser nicht wundern, dass bei solchen Programmen der gezielte Abbruch wegen erwiesener Erfolglosigkeit nicht vorgesehen ist. Sie sollen vielmehr mit fanatischer Entschlossenheit bis zum dereinstigen Untergang der Bundesrepublik Deutschland bzw. des Landes Baden Württemberg fortgeführt werden. Verhandlungen mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe über eine Beendigung oder Reduzierung dieses Arbeitsbeschaffungsprogrammes wird BM Kubala jedenfalls erst aufnehmen, “wenn es zu einer deutlichen Erholung der Bestände kommt und damit eine sich selbständig erhaltende Population entstanden ist“. Also nie.

Blöd ist halt nur, dass der Mensch nicht mal auf dem Bösfeld für € 120.000,- p.a.  mit Erfolg Gott spielen kann.

 

Alle unsere Fragen und die Antworten der Verwaltung hier:  Infovorlage_ArtenhilfsprogrammFeldhamster_V489_2016

Die dort in der Antwort auf Frage 1) angegebene Vorlage findet sich hier: Infovorlage Feldhamster 367-2002