Der Einzelhandel in den gewachsenen Stadtteilzentren hat es schon lange schwer. Selbständige Händler können nicht mit der überlegenen Einkaufsmacht der Ketten mithalten. Kleinere Flächen müssen größeren Flächen weichen. Alle verlieren Umsätze an den Internethandel. Und das Sterbeglöcklein läutet besonders laut, wenn irgendwo am Ortsrand ein SB-Warenhaus mit mehreren Tausend qm Verkaufsfläche und mehreren Hundert Parkplätzen genehmigt wird.
Eigentlich sollte ein vom Gemeinderat in 2009 beschlossenes sog. Zentrenkonzept dafür sorgen, dass großflächiger Einzelhandel in “nichtintegrierten Lagen“ nur dann genehmigt wird, wenn er den Handel in den jew. nächstgelegenen Stadtteilzentren nicht kannibalisiert. Leider hat das überhaupt nicht funktioniert, wobei der “Marktkauf“ in Wohlgelegen nur das extremste Beispiel ist.
Die Gründe sind immer die gleichen: Jemand möchte ein größeres Grundstück verkaufen, ein Projektentwickler plant einen SB-Markt für mehrere Ketten, ein Bauunternehmen würde ihn gerne bauen, und der künftige Verwalter verspricht Arbeitsplätze dreistellig. In der Summe haben sie genügend gute Beziehungen in die Verwaltung und die Fraktionen des Gemeinderates, so dass nach einer gewissen Schamfrist der Spatenstich erfolgen kann.
Jetzt hat der Gemeinderat – gegen unsere Stimmen – ein neues, 150 Seiten starkes Zentrenkonzept beschlossen. In der Vorlage (V016/2018) heißt es, das Ziel sei,
“einen Überblick über die aktuelle Situation des Einzelhandels zu erhalten, und andererseits die perspektivische Einzelhandelsentwicklung in der Stadt Mannheim aufzuzeigen. … Das Zentrenkonzept soll auch weiterhin als Grundlage und Orientierung für die Bauleitplanung dienen, den Gesamtrahmen für die Beurteilung von Einzelhandelsvorgaben darstellen, sowie Planungs- und Investitionssicherheit für den Einzelhandel schaffen.
Damit kann auch das Vorgehen bei Prüfverfahren oder Anfragen von Investoren beschleunigt oder optimiert werden.“
Nur darum geht es. Dass der Einzelhandel in den Stadtteilzentren nicht wirklich interessiert, erkennt man leicht daran, dass das Wort “Parkplätze“ in dem Gutachten, das die Basis des sogenannten Konzepts bildet, nicht einmal vorkommt. Dabei muss man sich in den Vororten nur mal umsehen: Einzelhandel funktioniert dort, wo es genügend nahe gelegene Parkplätze gibt, die nicht von Anwohnern belegt sind. Dreihundert Meter weiter wird es schon schwierig. Wie will man “einen Überblick über die aktuelle Situation des Einzelhandels“ erlangen, wenn die wichtigste – und neben der Großmarktkonkurrenz einzige – Randbedingung, die die Stadtplanung im positiven Sinn beeinflussen kann, zum Tabu erklärt wird. Natürlich glauben wir nicht im Traum daran, dass die Verwaltung hier bei der Auftragsvergabe nicht nachgeholfen hat. Fühlt sie sich doch dem Kampf gegen den Individualverkehr verpflichtet.
Daher wagen wir die Vorhersage, dass das neue Zentrenkonzept in den nächste 15 Jahren genauso wenig für die Stadtteilzentren bewirken wird wie das vorherige. Die ganze Analyse krankt an einer intellektuellen Schieflage. Deshalb haben wir dagegen gestimmt.