Neutralitätspflicht ja – aber nicht jetzt

Traditionell war der Neujahrsempfang der Stadt aus guten Gründen eine parteipolitikfreie Zone. Nun jedoch scheint die Angst der vereinigten Traditionsparteien LinkeGrüneSPDFDPCDU vor den künftigen Stadträten der AfD im Gemeinderat nach der Kommunalwahl im Mai ziemlich gigantisch zu sein. Warum sonst wirft der OB alle rechtlichen Bedenken seiner Mitarbeiter über Bord und genehmigt einen offensichtlichen Eingriff in den Kommunalwahlkampf unter Einsatz kommunaler Ressourcen während des städtischen Neujahrsempfanges am 6.Jan.?

Natürlich treten die Verwaltung oder die mit ihr besonders eng liierten Parteien für diesen ziemlich rechtswidrigen Job nicht selbst auf, sondern bedienen sich einer ihrer Vorfeldorganisationen. “Aufstehen gegen Rassismus“, extra geschaffen zum Kampf gegen die AfD. Im Impressum von deren Website steht die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) e. V. Diese Organisation lässt sich mühelos zurückverfolgen von der Linken über die DKP zur Nachkriegs-KPD. Zumindest bis 1989 wurde sie mit Devisen der DDR finanziert.

Auf dieser Website stehen der Gründungsaufruf und die Erstunterzeichner. Neben dem üblichen linksradikalen Universum inklusive der Gewalttäter von der Interventionistischen Linken und diversen Alt- und Jungkommunisten finden sich dort z.B. auch Dr. Katarina Barley, die frühere Generalsekretärin der SPD und spätere Justizministerin, der JUSO-Bundesvorstand und diverse Granden von Grünen und Gewerkschaften.

Da wird es wohl einige Telefonate hinter den Kulissen gegeben haben, um die Antifa-Truppe doch noch an die Mannheimer Neujahrs-Front zu bringen.

Denn zunächst hatte die Rhein-Neckar-Gruppe der bundesweiten Initiative von der Stadt Mannheim eine Absage erhalten, nachdem sie – so wie andere Vereine und Initiativen auch – einen kostenlosen Stand beim Neujahrsempfang im Rosengarten beantragt hatte. Die Ablehnungsgründe waren glasklar: “Der Empfang stellt ausdrücklich keine Plattform für parteipolitische Diskussionen dar. Aus diesem Grund treten dort auch keine politischen Parteien auf. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass wir Initiativen, deren Wirken sich gegen einzelne Parteien wendet, ebenfalls keinen Raum bieten. Mit Blick auf die 2019 anstehenden Wahlen gilt dies natürlich in besonderem Maße.“ Letzteres betrifft die sogenannte Neutralitätspflicht für Staatsorgane vor Wahlen. Sie zu verletzen durch direkte oder indirekte Begünstigung oder Behinderung einer Partei kann zur Wahlanfechtung und ggf. zu einer Wiederholung der Wahl führen.

Ein paar Tage später hat OB Dr. Kurz dann entschieden, dass man wohl ein gewisses Risiko eingehen müsse, um die bösen Konkurrenten von der AfD auch im Rosengarten bekämpfen zu können. Vielleicht war er auch der Linken noch etwas schuldig.

Jedenfalls wurde ein “Kompromiss“ vereinbart: Die Gruppe wird am Neujahrsempfang am 6. Januar 2019 im Mannheimer Rosengarten einen Infostand bekommen. Hierbei wird sie die AfD und deren Aktivitäten nicht namentlich schriftlich, z.B. auf Werbematerial wie Flyern, Rollups oder Werbebannern, benennen. Die Gruppe kann aber auf ihrem Stand über ihre Aktivitäten berichten und mit Besuchern diskutieren, aber dabei “keine Werbung für oder gegen eine Partei“ machen.

Chapeau! Auf so einen winkeladvokatischen Trick muss man als städtischer Jurist erst mal kommen. Die linksradikale Standbesatzung wird ihre Lieblingsfeinde einen ganzen Tag lang nicht beim Namen nennen! Da darf man gespannt sein, wie das klappt.

Die Mannheimer AfD tat jedenfalls so, als sei sie zuversichtlich. “Man vertraue der Stadt, dass sie ihre Neutralitätspflicht beherzige und nicht gegen die AfD geworben werde.“ zitiert der MM den Sprecher Rüdiger Ernst. Wahrscheinlich hat der nach dem Telefonat begonnen, eine Liste von “Testkäufern“ zusammenzustellen. Dass die bei der Suche nach expliziter Anti-AfD-Agitation und -Propaganda am 6.Januar fündig werden, ist ziemlich sicher.

Denn schon ein kurzes Durchblättern der Website von “Aufstehen gegen Rassismus“ zeigt einem: die können gar nichts anderes als AfD-Bashing. Die politische Kampforganisation hat dem Oberbürgermeister etwas versprochen, das sie überhaupt nicht halten kann! Die gesamte Website handelt zu 90% vom Übel der AfD und nur zu 10% von sonstigen Rechten. Schon die Titelseite ist exklusiv der Schmähung der AfD gewidmet. Wer diesen Mitbürgern glaubt, sie könnten auch nur eine viertel Stunde lang nicht ausdrücklich die AfD bekämpfen, glaubt auch an den Osterhasen – oder er tut jedenfalls so.

Dabei muss man nicht glauben, dass sich irgendjemand an der Spitze der Stadt Illusionen über den aktivistischen Radikalismus ihrer neuen Freunde macht. Mit Bezug auf  “Aufstehen gegen Rassismus“ fragte im vergangenen Jahr der Landtagsabgeordnete Lars Patrick Berg (AfD) die Landesregierung, “.. wie sie es bewertet, dass Personen und Organisationen aus Baden-Württemberg neben kommunistischen und in Verfassungsschutzberichten als linksextrem bzw. gewaltbereit bezeichneten Organisationen wie die DKP, die marxistische Linke und anderen – zu den Erstunterzeichnern, Organisatoren und Unterstützern des Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“ gehören.“

Darauf antwortete der Innenminister ganz entspannt: “Es ist nicht unüblich, dass zu den Erstunterzeichnern, Organisatoren und Unterstützern von Bündnissen, die zu spezifischen Themen gebildet werden, sowohl Personen und Organisationen aus dem demokratischen als auch aus dem extremistischen Spektrum gehören.“ (Gilt aber nur in BW, nicht in Chemnitz.)

Auch wollte der Abgeordnete wissen, “ob das … genannte „Bündnis“ zu Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufruft und ggf. welcher Art diese sind.“ Die Antwort des Innenministers zeigt, dass die Frage nicht unberechtigt war: “Die Internetseite „www.aufstehen-gegen-rassismus.de“ enthält Textpassagen, die einen Aufruf zur Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten darstellen könnten. Auch könnte der veröffentlichte rechtliche Hinweis darauf, sich als Leiter einer strafbaren Spontanveranstaltung nicht erkennen zu geben, ein Aufruf zur Begehung einer Straftat nach § 26 Versammlungsgesetz sein. Ferner könnten Überschriften wie „Kundgebung & Blockade“ sowie der Text „Wenn ihr nicht verhindern könnt, dass die Veranstaltung stattfindet …“, eine strafbare Handlung nach § 21 Versammlungsgesetz in Verbindung mit § 111 StGB implizieren..“

Immerhin ist die Zulassung dieses Kampfverbandes zum Neujahrsempfang 2019 im Rosengarten ein interessanter Präzedenzfall für künftige Jahre. Da darf man gespannt sein, wer dann anfragen wird.

Was eine mögliche Wahlanfechtung angeht, muss man jetzt bei der Stadt auf ein besonders gutes Ergebnis für die AfD hoffen. Dann wird sie an einer Anfechtung kaum interessiert sein.

Eberhard Will