Lauter schlechte Optionen

Coleman oder alle Stadtteile

In der letzten Sitzung des Gemeinderates im alten Jahr hat es eine relativ lange und heftige Debatte um die Absicht der Landesregierung gegeben, nördlich der Autobahn auf Coleman ein sog. Ankunftszentrum für gleichzeitig bis zu 3500 Flüchtlinge zu errichten. Mit einer gegenüber einer ersten Fassung verwässerten Resolution wollte die CDU ein wenig dagegen Front machen. Für dieses Wahlkampfmanöver hatte sie zuvor bereits öffentlich in Sandhofen geworben und auch die ML hinter sich gebracht. Die übrigen (Bundestags-)Parteien wollen dagegen versuchen, für ein Ankunftszentrum ein neues Privileg einzutauschen, nämlich den Verzicht des Landes, Mannheim künftig Flüchtlinge im Rahmen der sog. Wohnsitzauflage zuzuweisen. Bei einer Verteilung nach Einwohnerzahl entfielen auf Mannheim ca. 3.000 pro Jahr plus Familiennachzug auf der Suche nach einem Dach über dem Kopf. Damit haben die Bürger der Stadt die Wahl zwischen zwei ziemlichen Übeln (man könnte auch sagen zwischen Pest und Cholera), und die anderen Parteien suchen verzweifelt nach einem Weg, damit die Bürger das entweder nicht merken oder prima finden sollen.

Da Coleman aktuell noch von den Amerikanern als Verschiebebahnhof für schweres Gerät belegt ist, reden wir über 2019 oder 2020. Dennoch werden die Weichen in den nächsten Monaten gestellt werden. Um das Drama richtig zu verstehen, müssen wir etwas ausholen.

Brasilianisierung

Seit Jahren bemühen sich die Bundestagsparteien durch Tun und Unterlassen darum, die Zusammensetzung der Bevölkerung in Deutschland nachhaltig zu verändern. Nicht nur in den Ballungszentren sind die wachsenden Minderheiten unübersehbar, darunter mit besonderem Gewicht ost- und südosteuropäische, türkische und arabische Migranten. Die Ausdehnung der Zuwanderung auf den Kaukasus und Schwarzafrika ist in Arbeit. Der Zeitpunkt ist absehbar, zu dem die autochthonen Deutschen in den Großstädten nur noch die größte Minderheit mit einem Anteil unter 50% sein werden. Falls dies jemand nicht glauben will, empfehlen wir zur Lektüre das kürzlich erschienene Buch von Herfried und  Marina Münkler: “Die neuen Deutschen“. Die ebenso seriösen wie naiven Autoren empfehlen den Eingeborenen, sich ins Unvermeidliche zu schicken. Dennoch wird die angestrebte Brasilianisierung der Bevölkerungsstruktur für niemanden von  Vorteil sein. Die Gesellschaft wird ungebildeter werden, ärmer und weniger friedlich.

Um dieses Programm weiter umzusetzen, das in keinem Wahlprogramm steht und niemals bei einer Wahl zur Abstimmung gestellt wurde, haben die Bundestagsparteien ein vielfältiges Instrumentarium wachsen lassen. Grundlage ist der absichtliche Verzicht auf eine an den Interessen des Staatsvolkes orientierten, auf Potential und Qualifikation zielende Einwanderungspolitik. Der wird schon seit Jahren kongenial ergänzt durch nahezu vollständige Vermeidung von Grenzkontrollen und ein warmes Willkommen für Immigranten ohne Identitätsnachweis.  Während die Eingänge weit offenstehen, wurden die Ausgänge ziemlich dicht verschlossen. Verschlimmert durch die Gerichte hat der Gesetzgeber Dutzende von Duldungsgründen geschaffen für Menschen ohne Bleiberecht. Darüber hinaus wurden Abschiebungen auch für Ausreisepflichtige praktisch nahezu unmöglich gemacht. Die Flüchtlingswelle aus 2015/2016 hat diese Situation nicht geschaffen, sondern längst vorgefunden. Auch wenn die hohen Zahlen inzwischen abgeebbt sind, liegen sie weiterhin zwischen 15.000 und 19.000 pro Monat. Sie können jederzeit wieder ansteigen.

Davon geht offensichtlich auch die BAMF, die Bundesanstalt für Migration und Flüchtlinge aus, die die in Deutschland insgesamt vier Ankunftszentren plant. Jeweils ca. 3.500 Flüchtlinge sollen dort innerhalb einer Woche erfasst, untersucht und auf LEAs (Landeserstaufnahmestellen) verteilt werden. Bei idealem Betrieb ergäbe sich insgesamt eine jährliche Kapazität von 600.000 bis 700.000 Flüchtlingen. Würden die administrativen Prozeduren doppelt so lange dauern, bliebe immer noch die Hälfte, also deutlich mehr als die von Horst Seehofer angestrebte – immer noch zu hohe – Grenze von 200.000 jährlich.

Es ist leicht verständlich, warum der Bundestagskandidat der CDU im Mannheimer Norden den Kämpfer gegen das Erstaufnahmezentrum gibt. Das Zauberwort heißt AfD. Dennoch spricht bisher nicht viel dafür, dass die Kanzlerin nach dem Zwergenaufstand auf dem CDU-Parteitag in Essen ihre Politik grundlegend ändern wird. Eine wirksame Änderung würde z.B. erfordern, die Gesetze so zu ändern, dass auch die Rechtsprechung sich ändert, niemanden ohne Papiere ins Land zu lassen, Ländern, die ihre Bürger nicht zurücknehmen die Freundschaft aufzukündigen, und Kriminelle ausnahmslos abzuschieben.

Aber der Plan ist, weiterhin Flüchtlinge aus kulturfremden Ländern unter schönfärberischen Bezeichnungen in großer Zahl aufzunehmen. Damit sind die Länder zwangsläufig in der Pflicht, die institutionellen und organisatorischen Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Risiken ohne Chancen

Solange es auf Coleman beim vom CDU-Innenminister beschriebenen Konzept der kurzfristigen Erstregistrierung bliebe, hielte sich die Belastung der Nachbarn in Grenzen, da die Aufenthalte nicht lange genug dauern würden um die Umgebung genauer zu erkunden und lästige Aktivitäten zu entfalten. Aber es drohen zwei Risiken. Risiko eins: Ein mit Neuankömmlingen nicht ausgelastetes Ankunftszentrum würde über kurz oder lang zur LEA erweitert. D.h., Flüchtlinge würden dort Wochen und Monate lang auf den Bescheid Ihrer Anträge, Widersprüche etc. warten. Dann würden ihre Aktivitäten außerhalb des Zaunes stark zunehmen.

Risiko zwei bedroht weniger die Nachbarn als das heuchlerische Gemüt der Gemeinderatsmehrheit: Das Ankunftszentrum könnte als Abschiebezentrum benötigt werden. Im Gemeinderat hieß es, alle Stadträte (außer uns) würden ein Abschiebezentrum in Mannheim ablehnen. Daraus können die Wähler natürlich messerscharf schließen, wie glaubwürdig die regelmäßigen Forderungen sind, dass nur Anspruchsberechtigte auch tatsächlich bleiben dürfen sollen, und dass der Fortfall der Bleibeberechtigung auch tatsächlich zur Heimreise führen muss. Das muss man jedoch auch durchsetzen wollen! Wenn die meisten Mannheimer Stadträte die Wahl hätten zwischen Demonstranten vor einem Abschiebezentrum und Pressefotos von deprimierten Abzuschiebenden oder fortgesetzter Einwanderung in die Arbeitslosigkeit und in die Sozialsysteme, dann würden sie für die Optik und gegen den arbeitenden Steuerzahler entscheiden. Nach dem St. Florians-Prinzip müssten Abschiebungen – wenn überhaupt – woanders vorbereitet werden.

St. Florian, verschon mein Haus

Dieses Prinzip ist in Mannheim insofern wohlbekannt, als die Stadt bis heute – ebenso wie Karlsruhe – vom sog. LEA-Privileg profitiert. Da das Land in der Industriestraße seit Jahren eine Landeserstaufnahme betreibt, erhält die Stadt keine Asylbewerber zugewiesen, die mit Wohnraum versorgt werden müssen. So konnte bis zum Herbst 2015 bei vielen Bürgern die Illusion aufrechterhalten werden, Mannheim sei – abgesehen von den in der Neckarstadt West konzentrierten schwierigen Roma aus Rumänien und Bulgarien – eine Art Insel der Nichtbetroffenen.

Dieses Gefühl möchten diejenigen im Gemeinderat konservieren, die richtigerweise ihre Zustimmung zu einem Erstaufnahmezentrum vom Land mit einem künftigen Zuweisungsverschonungs-Privileg honoriert haben möchten. Sie fragen sich zu Recht, wie und wo alleine aus dem aktuellen Bestand an Flüchtlingen in Baden-Württemberg mindestens 3.000 – ohne Familiennachzug und ohne künftige Flüchtlinge – verteilt auf die Mannheimer Vororte unterzubringen seien. Zumal wenn der bisher stärker belastete Norden etwas geschont werden sollte, wäre es auf dem Lindenhof, in Feudenheim und Neuhermsheim mit der selbstgefälligen Willkommenskultur wahrscheinlich nicht mehr weit her. Die CDU ficht dies offensichtlich nicht an. Mit Unterbringungsproblemen, Arbeitslosen auf den Straßen und protestierenden Nachbarn rechnet sie anscheinend erst nach der Bundestagswahl.

Keine richtige Politik in der falschen

Was ist für uns die beste Wahl zwischen Pest und Cholera, für die Stadträte von ALFA/LKR? Die Antwort ist einfach. Es gibt keine richtige Politik in der falschen. Da die gesamte Zuwanderungspolitik der Bundestagsparteien durch und durch falsch und verantwortungslos ist, kann sie auch auf kommunaler Ebene nicht besser gemacht werden, als sie ist. Den Bürgern die Konsequenzen ihrer Politik zu erklären, das müssen schon diejenigen tun, die sie zu verantworten haben, und diejenigen, die sie befürworten.