Keine teuren Experimente in der Breiten Straße

Gegen die Abstimmung mit den Füßen kann man nicht gewinnen

Mal ehrlich: Wer war wirklich überrascht, als das Sporthaus Decathlon in der Breiten Straße Mitte Oktober nach nur zwei Jahren Knall auf Fall die Schließung ankündigte? Höchstens diejenigen, die wussten, wie lange der Mietvertrag noch läuft. Wer sich jedoch gelegentlich mal dort umgesehen hatte, wird kaum verwundert gewesen sein darüber, dass der monatliche Verlust anscheinend deutlich höher war als die Kaltmiete. Bei Mac Donalds schräg vis a vis, der ebenfalls schließen wird,  wird es nicht viel anders sein.

Beide Vorgänge sind nur weitere Zwischenschritte eines schon mehr als dreißig Jahre andauernden, offensichtlich unaufhaltsamen Abstiegs der Breiten Straße. Bereits die Neubebauung von K1 einschließlich einer kleinen Einkaufspassage zu Karstadt sollte ihrer Aufwertung dienen. Später folgten das Prinz Medienhaus, die Abendakademie, Erneuerung von Straßenbelägen und -Möblierung, MöMax statt Karstadt und zuletzt Decathlon. Keine Eröffnungsrede ohne die besten Wünsche für eine Trendwende in der ehemaligen bürgerlichen Einkaufs- und Vergnügungsmeile.

Allerdings konnte niemand die Konsumenten und Flaneure daran hindern, immer erneut mit den Füßen abzustimmen. Während sich die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in der westlichen und östlichen Unterstadt links und rechts der Breiten Straße Jahr für Jahr sichtbar veränderte, blieben die, die fortgezogen waren, auch als Käufer weg. Und die übrigen Konsumenten, für die die Breite Straße bis zur Kurpfalzbrücke früher eine innerstädtische Haupteinkaufsstraße war, merkten zunehmend, dass sie nur noch eine Art Vorort-Einkaufsstraße war und der Mittelstraße immer ähnlicher wurde.

Früher hofften viele, dass hinter dem Marktplatz eine Haltelinie sei, und die klassenlose, bunte und tolerante Mannheimer Stadtgesellschaft wenigstens die Strecke zwischen Paradeplatz und Markt fest in der Hand behalten würde. Wer sich an anderen Tagen als dem Samstagvormittag umschaut, hat einen anderen Eindruck. Den ersten längeren Leerstand gibt es bereits.

Was tun? “Vermehrt öffentliche und städtische Nutzungen aus dem Bereich der Bildung und von Kunst und Kultur anzusiedeln“ und studentisches Wohnen, wie die CDU vorschlägt? Mal im Ernst, würden die Leute, die sich vormittags kaum noch bis zum Marktplatz trauen, abends in der Breiten Straße eine Boulevardkomödie besuchen oder einen Vortrag in einer neuen Stadtbücherei oder eine Vernissage in einer Galerie? Vor solchem kommunalen Machbarkeitswahn und politischen Omnipotenzträumen muss der Steuerzahler bewahrt werden.

Ein Studentenwohnheim Studierendenwohnheim für ortsunkundige Zugereiste, die den Mietvertrag im Internet abgeschlossen haben, wäre vielleicht eine Idee. Die weniger Mutigen – besonders die Mädels – könnten ja abends zuhause bleiben und lernen. 😉