Umfragen sind keine Wahlen und Umfrageergebnisse sind keine Wahlergebnisse. Dennoch blicken Politiker immer wieder fasziniert auf Telefonumfragen – einfach weil sie nichts Besseres haben.
“Wenn am nächsten Sonntag Gemeinderatswahl wäre, welche Partei würden Sie wählen?” lautete die Frage, die die Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des MM 1056 wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern gestellt hatte, und deren Ergebnisse der MM heute früh veröffentlichte.
Angeblich entschieden sich 32 % für die SPD (Wahlergebnis am 22.Mai 27,3%), 29% für die CDU (Wahlergebnis 26,1%), 19% für die Grünen (Wahlergebnis 16,3%), 6% für die AfD (Wahlergebnis 7,8%), 5% für die ML (Wahlergebnis 9,3%), 3% für die Linke (Wahlergebnis 6,2%) und 4% für Sonstige (Wahlergebnis 2,5%). Das sind zusammen 100%, wohlmeinend also die Voten derjenigen, die zur Wahl gehen und gültig abstimmen würden. Aber was ist mit den vielen Unentschiedenen? Leider finden sich auch auf der Website der Forschungsgruppe Wahlen keine Details zur Durchführung der Befragung.
Kann man mit diesen absoluten Zahlen etwas anfangen? Die Antwort ist nein. Es gibt keine wirklich plausiblen Gründe, die oben angegebenen Veränderungen gegenüber dem letzten Wahlergebnis in irgendeiner Weise für realistisch anzusehen. Weder bei den Zu- noch bei den Abnahmen. Warum sollte die SPD in Mannheim um fast 5% zugelegt und die Linke sich halbiert haben?
Machen wir uns also mal frei von den absoluten Zahlen und schauen nach dem längerfristigen Trend, den der MM (heute) in der Druckausgabe und der Webausgabe für Abonnenten, leider jedoch nicht im allgemein zugänglichen morgenweb veröffentlicht hat. Wären die Zahlen zuverlässig, lägen SPD und CDU seit Mitte 2013 ziemlich dicht beieinander, die Grünen stagnierten seit Mitte 2012, die AfD wäre zuletzt dreimal so stark wie die FDP, doppelt so stark wie die Linke und hätte auch die ML überholt.
Zugegebenermaßen gefällt uns das super gut, aber wir wissen natürlich auch um die Tücken der Telefonumfragen: In der guten alten Zeit hatten (fast) alle Menschen einen Festnetzanschluss, standen im Telefonbuch, und durch geschicktes Fragen nach Familienangehörigen mit einem bestimmten Geschlecht, Alter usw. konnte man recht gut sicherstellen, dass die 1056 Befragten wirklich repräsentativ waren.
Heute ist alles schwieriger geworden. Viele, insbesondere jüngere Leute haben lediglich ein Mobiltelefon, stehen damit nicht im Telefonbuch , und selbst wenn man sie erreicht, sind sie bei Umfragen misstrauisch und nicht besonders auskunftsfreudig.
Solche Überlegungen stimmen uns natürlich skeptisch bezüglich der übrigen Ergebnisse des Bürgerbarometers. Mit 21% Nennungen läge die Buga mit der Verkehrsproblematik und den Baustellen in den Quadraten als “wichtigstes Problem für Mannheim” an der Spitze. “Das Top-Thema vom April, die Zuwanderung in die Stadtviertel, ist auf Platz drei zurückgefallen”, bleibt der MM bewusst unscharf. Sauberkeit folgte mit 10%, Kriminalität und Sicherheit sowie die Verschuldung Mannheims mit je 7% und Familie, Jugend, Kinder und Bildung mit 6%.
Nach der Prozentzahl für Zuwanderung haben wir vergebens gesucht. Sie liegt dem Artikel zufolge wohl zwischen 20,5% und 10,5%. Aber wo genau? Vermutlich nach wie vor eher im oberen Bereich.
Also, was sagen uns solche Umfragen?
Absolute (Prozent-) Zahlen sind eher fragwürdig. Trends sind dann informativ, wenn man annehmen kann, dass bei jeder folgenden Umfrage die gleichen Fehler auftreten. Umfragen für die weder die Fragen, noch Details der Durchführung, noch die Ergebnisse von Befragungsinstitut selbst veröffentlicht werden, sollte man immer skeptisch sehen.
Wir, die Gemeinderatsmitglieder der AfD, haben ein Wahlprogramm, eine übereinstimmende Analyse der Realtäten in unserer Stadt und eine gemeinsame Vorstellung, welche Veränderungen der Stadtpolitik erforderlich und vordringlich sind. Alle Themen aus dem Bürgerbarometer spielen dabei eine hervorragende Rolle. Aber unser Antrieb sind nicht Umfragen, sondern die Interessen unserer Wähler und das Engagement unserer Mitglieder.