Anfrage zu möglichem Blackout nach einem Jahr beantwortet

Nahezu 13 Monate und eine schriftliche Beschwerde beim Oberbürgermeister hat die Verwaltung benötigt, um drei einfachen Fragen zum Vorhandensein von Notfallplanungen für den Fall eines flächigen, längerdauernden Stromausfalles zu beantworten. Vor der gemeinderätlichen Sommerpause hatten wir über das endlose Warten informiert.

Jetzt endlich hat sich das Dezernat von Erstem BM Specht bequemt, dem Gemeinderat huldvoll seine Antwort  zukommen zu lassen. Liest man zwischen den Zeilen, könnte die Anfrage vielleicht ein paar verschwiegene Aktivitäten ausgelöst haben, was die einzig plausible Erklärung für die lange Bearbeitungsdauer wäre. (Die Antwort-Vorlage 406/2017 trägt das irreführende Datum 21.11.2016. In Wirklichkeit wurde die Vorlagennummer erst Ende August oder Anfang September 2017 vergeben und die Vorlage in der 37. KW 2017 versandt.)

Wir hatten gefragt, welche Notfallplanungen die Stadt und die Region betreffend es für den Fall eines großflächigen Blackouts im Winter gebe, dessen Behebung mehrere Tage oder eine Woche dauern könnte. Die Verwaltung erklärt in ihrer Antwort, dafür habe sie unter anderem folgende Pläne:

  • Einrichtung zur Unterbringung von Personen / Evakuierungsplanung
  • Ausfall Kommunikationsnetze
  • eigene Handlungsfähigkeit
  • Kraftstoffbedarfsplanung
  • digitalisierte Infrastrukturdatenbank mit relevanten Informationen zur jeweiligen Problematik bei einem Stromausfall auf der Zeitachse (sensible Einrichtungen z.B. Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen Kindergärten).

Diese “Pläne“ enthielten Maßnahmen, die “durch Entscheidungen des Verwaltungsstabes der Stadt Mannheim in die Wege geleitet werden können.“ Darüber, welche Grenzen dem ggf. gezogen sind, äußert sich die Verwaltung vorsichtshalber nicht. Auch fragen wir uns, seit wann es wohl die erwähnte Infrastrukturdatenbank gibt. Ist sie älter als unsere Anfrage oder gerade erst vier Wochen alt geworden? Die “Pläne“ basierten auf einem “Krisenhandbuch Stromausfall Baden-Württemberg“ des Innenministeriums aus dem Jahr 2010. Dort sei “versucht worden, behördlichen, privatwirtschaftlichen Aspekte im Krisenmanagement bei einem Stromausfall besonders zu berücksichtigen“. Diese Berufung auf eine höhere Autorität klingt mehr als verlegen.

Wir lesen sie so, dass die Verwaltung sich nur mit den Szenarien beschäftigt hat, die sich dort finden. Darüber, welche dies sind, schweigt sie sich aus. Auch scheint uns die Aufzählung der Teilpläne nicht besonders den Punkt zu treffen, wenn wir von einem Szenario ausgehen, bei dem weder Straßenbahnen noch S-Bahnen Strom haben, kein Internet und kein IP-Telefon funktionieren, Kraftstoffpumpen nicht pumpen und Heizungspumpen auch nicht, wenn Notstromaggregaten der Sprit ausgeht, Lebensmittel ausverkauft und die Straßenleuchten dunkel sind, verängstigte Bürger zuhause bleiben, um Batterieradio zu hören, und Straßenräuber und Plünderer in ihrem Element sind. Ein solches Szenario könnte ziemlich ungemütlich werden.

Daher hatten wir als Nächstes gefragt, ob ein großes Stromausfall-Szenario einmal Gegenstand einer die örtlichen und sachlichen Zuständigkeiten übergreifenden Katastrophenübung in der Region war. In Ihrer Antwort verweist die Verwaltung auf eine Lükex-Übung im Jahr 2004, an der “auch die Stadt Mannheim beteiligt war“. Bei Wikipedia kann man nachlesen, dass das Ziel von Lükex ist, das gemeinsame Management des Bundes und der Länder in nationalen Krisen aufgrund von außergewöhnlichen Gefahren- und Schadenslagen auf strategischer Ebene zu verbessern. Gemeinden und Kreise dürfen dabei Meldungen über kritische Lagen einspeisen und die zentralen Stäbe unter Stress setzen.
Weiterhin verweist die Antwort, an der die Verwaltung ein Jahr lang gearbeitet hat, auf “kleinere Übungen“ zusammen mit dem Krisenstab der MVV zum Thema Stromausfall.
Zusammengenommen lesen wir beide Antworten auf unsere Frage so, dass stattdessen ein einfaches “Nein“ ausgereicht hätte.

Drittens hatten wir gefragt, wieviel Realismus die Verwaltung dem Buch “Blackout“ von Mark Elsberg zubilligt, in dem die chaotischen und menschenfeindlichen Auswirkungen eines längeren Stromausfalls erschreckend detailliert und plastisch dargestellt werden. Auf diesen Aspekt, der der Frage ihren Sinn verleiht, ist die Verwaltung vorsichtshalber nicht weiter eingegangen. Stattdessen hat sie an den in seinen Auswirkungen noch relativ harmlosen Breakdown 2006 erinnert, der – ausgelöst durch eine schlecht geplante Kabelabschaltung über der Ems – dazu führte, dass Teile von Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, Österreich und Spanien bis zu einigen Stunden ohne Strom waren. Der Vorfall zeige, dass “beim unglücklichen Zusammentreffen verschiedenster Ereignisse ein großflächiger Stromausfall nicht vollständig ausgeschlossen werden kann.“ Das soll beruhigend klingen, aber in Wirklichkeit ist es so, dass mit jedem noch stillzulegenden grundlastfähigen Atom-oder Braunkohlekraftwerk und steigenden Anteilen an Flatterstrom aus Wind und Sonne die Wahrscheinlichkeit eines Netzzusammenbruchs steigt. Auch die Gefahren des Terrorismus sind ganz offensichtlich nicht im Abnehmen begriffen, und die geplante Vernetzung der Abnehmer mit sogenannten intelligenten Zählern eröffnen Hackern neue, bisher ausgeschlossene Chancen.

Offensichtlich möchte die Verwaltung einen der gefährlichsten Pferdefüße der sogenannten Energiewende (von der sicheren zur unsicheren Stromversorgung) nicht als relevant für ihre Arbeit zur Kenntnis nehmen. Das Ergebnis von einem Jahr Liege- und Bearbeitungszeit unserer Anfrage bewerten wir so: Thema verfehlt – Fünf.